Gestern ging der Streik der Krankenschwestern, -pfleger und Techniker der Charité in die zweite Woche. Die Streikenden kämpfen seit vergangenem Montag vor allem für mehr Personal.
Der Charité Streik bedeutet für den Krankenhausbetrieb deutliche Einschränkungen. So werden Behandlungen, die verschoben werden können, zunächst abgesagt; hunderte Operationen werden gestrichen. Normalerweise werden in der Klinik täglich mehr als 2000 Patienten versorgt. Ein Großteil muss nun von anderen Krankenhäusern übernommen werden. Oft sind diese jedoch bereits ausgelastet und so müssen die Patienten lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Auch die Charité selbst wird durch die streikbedingt gestrichenen Operationen mit deutlichen finanziellen Einbußen rechnen müssen. Letzten Donnerstag nun bereits ein kleiner Erfolg für die Streikenden: das Landesarbeitsgericht erklärte den Streik für zulässig, da eine Notfallversorgung gesichert sei und so kann der Arbeitskampf fortgesetzt werden.
Die Hintergründe des Streiks
Gefordert wird eine Veränderung des Gesundheitssystems und dabei in erster Linie mehr Personal. Vor allem sei problematisch, dass in den letzten Jahren die Zahl der Pflegekräfte stark gesunken sei. Währenddessen habe sich jedoch die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen erhöht. Zum Teil kämen beispielsweise nachts in der Charité auf 22 Patienten lediglich eine Pflegekraft. So könne nicht gewährleistet werden, dass den Patienten die Pflege zukommt, die sie benötigen. Der erhebliche Zeitdruck führt dazu, dass das Risiko für Behandlungsfehler steigt.
Dass dies ein bundesweites Problem ist, zeigte sich bereits in der aktuellen Statistik des medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK). Diese hatte einen deutschlandweiten Anstieg der Behandlungsfehler erkennen lassen. So waren 2014 insgesamt 4.282 Falschbehandlungen gemeldet worden. Dabei waren 155 Personen an den Folgen eines Fehlers verstorben, etwa 1.300 Patienten hatten bleibende Schäden davon getragen. Der zunehmende Stress der Mediziner und Pflegekräfte durch das mangelnde Personal wird als Hauptursache für diese Problematik gesehen.
Die Unterbesetzung wiederum ist größtenteils eine Folge der Finanzierungsregelungen durch die Krankenkassen. So werden feste Summen pro Patient und Diagnose ausgezahlt. Der eigentliche Verbrauch der Kliniken hingegen ist nicht Teil der Berechnungen. Daher müssen die Krankenhäuser dafür sorgen, dass die tatsächlichen Behandlungskosten unter den Pauschalen bleiben, damit überhaupt Gewinne erzielt werden können.
Die Forderungen
Die Streikenden drängen auf eine Anpassung des Gesundheitssystems. Zunächst soll dies durch einen Personalschlüssel erreicht werden, welcher bundesweit verbindlich sein soll.
An der Charité selbst sieht Verdi dabei 600 zusätzliche Stellen als erforderlich an. Eine Patientenquote von eins zu fünf wird dort gefordert. Aus Sicht der Klinikleitung sei dies jedoch nicht finanzierbar.
Bereits seit zwei Jahren laufen die Verhandlungen zwischen der Charité und Verdi. Die Leitung des Krankenhauses weist jedoch darauf hin, dass die Forderungen vielmehr an die Bundesregierung zu richten seien. Sie selbst könne mit eigenen Mitteln den Forderungen nicht gerecht werden.