Korruption im Gesundheitswesen schadet nicht nur dem Wettbewerb, es schwächt vor allem das Vertrauen der Patienten in die Entscheidungen von Medizinern und beeinträchtigt den Ruf aller Heilberufe. Dies soll nun durch ein neues Strafgesetz eingedämmt werden. Wir fassen für Sie die Fakten zum Stand des aktuellen Gesetzgebungsverfahrens zusammen.
Niedergelassene Vertragsärzte blieben bisher bei Korruption straffrei
Bisher waren Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen nur eingeschränkt strafbar. Wie in einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) im März 2012 festgestellt wurde, können sich niedergelassene Vertragsärzte nicht wegen Korruption im Sinne des § 299 StGB strafbar machen. Auch eine Strafbarkeit nach § 332 StGB (Bestechlichkeit) oder § 334 StGB (Bestechung) kommt nicht in Betracht. Der Grund dafür ist, dass niedergelassene Vertragsärzte weder Amtsträger noch Beauftragte der Krankenkassen sind. Meist liegt in solchen Fällen auch keine Strafbarkeit wegen Untreue (§ 266 StGB) oder Betruges (§ 263 StGB, bswp. Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen) vor. Damit blieb es häufig trotz korrupten Verhaltens bei Straflosigkeit trotz eigentlich korrupten Verhaltens. Der BGH wies auf diese Strafbarkeitslücke hin und rief den Gesetzgeber dazu auf, diese zu schließen.
Aktueller Gesetzesentwurf der Bundesregierung
Nach bisher erfolglosen Gesetzesentwürfen legte im Februar 2015 das Bundesjustizministerium einen neuen Referentenentwurf vor. Das neue Gesetz soll den korrupten Austausch von Vorteilen im Gesundheitswesen bestrafen. Der Begriff „Vorteil“ ist dabei recht weit gefasst und meint alle Zuwendungen, auf die kein Anspruch besteht. Es ist geplant, im Strafgesetzbuch dafür einen § 299 a für die Bestechlichkeit und einen § 299 b für die Bestechung zu schaffen.
Nicht nur die akademischen Heilberufe wie Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und psychologische Psychotherapeuten sollen erfasst werden. Auch Angehörige von Gesundheitsfachberufen, wie Krankenpfleger, Physiotherapeuten oder Logopäden, kommen als Täter in Betracht. Die neuen Strafgesetze sollen so für alle Heilberufe gelten.
Für ausgetauschte Vorteile soll es keine Geringwertigkeitsgrenze geben. Kleine Werbegeschenke oder Geschenke von Patienten werden allerdings zulässig sein. Typische strafbare Fälle sollen hingegen beispielsweise Kostenübernahmen von Fortbildungen, Einladungen zu Kongressen oder die Ermöglichung von Gewinn- oder Vermögensbeteiligungen sein. In jedem Fall muss das Annehmen eines Vorteils mit einer Gegenleitung verknüpft sein, die eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb oder eine sonstige Verletzung von Berufsausübungspflichten darstellt. Berufliche Zusammenarbeit, die bisher erlaubt war, soll jedoch auch jetzt nicht strafbar werden. Es ist vielmehr eine Strafbarkeit vorgesehen für Kooperationen, die nur mit dem Ziel geschlossen werden, bestimmte Verbote zu umgehen.
Das Bundesjustizministerium bezweckt mit dem Entwurf vor allem, den Patienten eine optimale Versorgung zu garantieren, welche nicht von möglichen finanziellen Interessen des Behandelnden bestimmt ist. Die neuen Straftatbestände sehen Freiheitsstrafen von bis zu 3 Jahren oder Geldstrafen vor. In besonders schweren Fällen wird die Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahre betragen können.
Stand des Gesetzgebungsverfahrens
Nachdem das Bundeskabinett dem Gesetzesentwurf Ende Juli 2015 zugestimmt hatte, erhielt dieser auch vom Bundesrat weitgehend Zuspruch.
Mitte November 2015 fand dann im Bundestag die erste Lesung der künftigen Gesetze statt. Dabei wurde unter anderem gefordert, einen besonders schweren Fall nicht nur bei erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen oder bandenmäßiger Begehung anzunehmen, sondern auch wenn es zu einer erheblichen Gesundheitsgefährdung kommt. Des Weiteren wurde einerseits eine Strafbarkeit von Anwendungsbeobachtungen gefordert, andererseits die Bedeutung von Kooperationen im Gesundheitswesen betont.
Anschließend wurden Anfang Dezember 2015 Experten im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zum Gesetzesentwurf angehört. Dabei wurde vor allem eine präzisere Formulierung der Gesetze gefordert, um unerlässliche Kooperationen im Gesundheitswesen nicht zu gefährden. Es wird nun die Festsetzung eines Termins zur zweiten Lesung im Bundestag erwartet.