Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil gegen einen Chirurgen wegen Untreue gegenüber den Krankenkassen bestätigt. (BGH, Beschluss vom 16.08.2016 – 4 StR 163/16) Das Landgericht Halle hatte den Mediziner wegen Untreue in 479 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug in 217 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. In der Revision ließ der BGH zwar die Beihilfe-Fälle entfallen, im Ergebnis änderte dies an der Strafe jedoch nichts.
Vertragsarzt verordnete Leistungen, welche nicht erbracht, aber abgerechnet wurden
Der Chirurg hatte seit 1999 mit drei Gesundheitszentren zusammengearbeitet. In den Jahren 2005 bis 2008 verordnete er dort in 479 Fällen ohne vorherige Untersuchung oder sonstige Konsultation physiotherapeutische und krankengymnastische Leistungen. Eine medizinische Indikation für die Verordnung gab es somit nicht. Verwendet wurden Krankenversicherungskarten von Angestellten und sogar von Mitgliedern eines Fußballvereins, welchen er als Mannschaftsarzt betreute.
Die Verordnungen leitete er an die Gesundheitszentren weiter. Diese wiederum ließen sich von den “Patienten” bestätigen, dass die Leistungen erbracht wurden, obwohl dies nicht der Fall war. Die Gesundheitszentren reichten dann die verordneten Leistungen bei den Krankenkassen ein. Die so erzielte Vergütung von über 50.000 € behielten sie ein, der Vertragsarzt erhielt keinen Anteil. Der Chirurg wollte durch sein Handeln die Gesundheitszentren unterstützen und die weitere Kooperation sicherstellen.
Chirurg verletzte Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Krankenkassen
Der BGH hob lediglich die Verurteilung wegen der tateinheitlich begangenen Beihilfe zum Betrug auf, da es sich dabei um mitbestrafte Nachttaten handelte. Die Verurteilung wegen Untreue bestätigten die Richter jedoch. Dies begründeten sie mit der Vermögensbetreuungspflicht der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen. Durch die Verordnung der Heilmittel habe der Vertragsarzt erklärt, dass dafür alle Voraussetzungen erfüllt seien. Dazu gehöre auch die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnungen.
Der Vertragsarzt habe die Pflicht, auf das Vermögen der Krankenkassen Rücksicht zu nehmen. Dies beinhalte auch Heilmittel nicht ohne jede medizinische Indikation zu verordnen und und diese dann abrechnen zu lassen, obwohl sie nie erbracht wurden. Eben diese Vermögensbetreuungspflicht habe der Chirurg, so der BGH, “gravierend” verletzt.