Nachdem das Landgericht Berlin (LG) im Juni letzten Jahres die Eröffnung des Hauptverfahrens noch abgelehnt hatte, muss sich der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (KVB) nun doch wegen Untreue vor Gericht verantworten. Dies entschied das Kammergericht Berlin (KG) mit Beschluss vom 04.11.2014 (Az. 2 Ws 298/14 – 161 AR 16/14).
Vorwurf der Veruntreuung
Vorgeworfen wird den vier Ärzten in leitenden Positionen 549.000 € zulasten der KVB
veruntreut zu haben. Drei der Angeschuldigten war ein Übergangsgeld von jeweils 183.000 € zugesichert worden, falls sie nach ihrer von 2005 bis 2011 laufenden Amtszeit als Vorstände in ihre ärztliche Tätigkeit hauptberuflich zurückkehren sollten. 2011 sah jedoch alles nach einer Fortsetzung ihrer Amtszeit aus. Dennoch sollen die Angeschuldigten vom Vorsitzenden der Vertreterversammlung, dem vierten Angeschuldigten, gefordert haben, ihre Verträge rückwirkend zu ändern und die Übergangsgelder sofort auszuzahlen. Diesem Drängen habe der Angeschuldigte nachgegeben. So wurden die Verträge „angepasst“ und die Auszahlung angeordnet.
Landgericht: Kein vorsätzliches Handeln
Das LG hatte bereits einen objektiven Verstoß gegen den Tatbestand der Untreue (§ 266
StGB) bejaht. Jedoch hätte kein vorsätzliches Handeln vorgelegen und so wurde eine
Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.
Kammergericht: Besonders schwerer Fall von Untreue
Diese Ansicht teilte nun das KG nicht. Demnach läge ein Verstoß gegen die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vor, dem die KVB als öffentlich-rechtliche Körperschaft verpflichtet gewesen sei. In der Anordnung auf die Auszahlung bzw. durch die Änderung der Dienstverträge und die Mitwirkung an den Auszahlungen verletzten die Angeschuldigten ihre Vermögensbetreuungspflicht. Den Angeschuldigten sei bewusst gewesen, dass sie keinen Anspruch auf ein Übergangsgeld hatten, da kein „Übergang“ vorgesehen war. Es läge sogar ein besonders schwerer Fall der Untreue vor (§ 266 II i.V.m. § 263 III S.2 Nr. 2 und Nr. 4) da die Angeschuldigten als Amtsträger der KVB handelten und ein „Vermögensverlust großen Ausmaßes“ vorläge.